BURGHOLDINGHAUSEN 55 Jahre Bauernsiedlung / Felder und Vieh aufgegeben
Trotz Um- und Erweiterungsbauten erkennt man bis heute das bauliche Muster der Siedlung.
Vor 55 Jahren stieg die Einwohnerzahl des nördlichsten Kreuztaler Stadtteils in kurzer Zeit stark an: im kaum
bewohnten waldreichen Burgholdinghausen entstand an der Müsener Straße eine Bauernsiedlung, bestehend aus 6
Grundstücken mit identisch gebauten Wohnhäusern.
Sie war eine Maßnahme der bundesweiten Integration von Flüchtlingen und Vertriebenen nach dem zweiten
Weltkrieg, so wie diverse andere Siedlungen in ganz Westdeutschland.
Große Grundstücke und Ställe sollten den Bewohnern zum Nebenerwerb dienen und so helfen, eine neue Existenz
im Siegerland aufzubauen. Am Anfang wurden in den Häusern, die nach heutigen Maßstäben als
Einfamilienhäuser einzuordnen wären, mehrere Familien untergebracht. Die Siegener Zeitung berichtete am 6.
August 1953 in einem großen Artikel von den schmucken Häusern und glücklichen Siedlern.
Das Land, auf dem die Siedlung erbaut wurde, gehörte zuvor zum Besitz der Familie Woeste, in deren Eigentum sich
auch heute noch der Rest Burgholdinghausens befindet. Die Grundstücke, die wegen des nahen Ortsschilds mit der
Aufschrift "Littfeld" von vielen für einen Teil des Nachbarorts gehalten werden, waren somit bis zur Gründung der
Stadt Kreuztal Teil der Gemeinde Burgholdinghausen und gehören seitdem zum gleichnamigen Ortsteil.
Die Idee der landwirtschaftlichen Nutzung wurde nicht von allen Familien aufgegriffen, und im Laufe der Jahre wurden
nach und nach auch die Felder und die Großviehhaltung der anderen aufgegeben - steigende Betriebskosten standen
sinkenden Verkaufspreisen gegenüber und ließen auch die schon immer Landwirtschaft betreibenden Siedler
resignieren. Der Nebenerwerb hatte im Laufe der Zeit seine wichtige Bedeutung zum Überleben verloren, in Zeiten
von Butterbergen und Milchseeen war es lohnenswerter, sein Geld anderswo zu verdienen und damit die im Verhältnis
billig gewordenen Lebensmittel zu kaufen. Auch Enthusiasmus und Liebe zur Tradition konnten daran nichts ändern.
Nur noch ein Acker wird heute bearbeitet, und wenige Kleintiere wie Hühner und Kaninchen werden noch gehalten.
Teilweise werden die großen Flächen von einem der wenigen Vollzeitlandwirte aus Littfeld gemäht, sie
sind heute eher Last als Nutzen.
Die Häuser, bei deren Bau an vielen Stellen gespart wurde, wurden im Inneren meist renoviert und im Laufe der
Jahre größtenteils an heutige Standards angepasst; die Ställe und Scheunen wurden zu
Abstellmöglichkeiten oder zusätzlichem Wohnraum, mehrere Häuser wurden erweitert, um mehr und
größere Zimmer zu erhalten. Trotz allem sieht man den Häusern auch heute noch an, dass sie einst nach
gleichem Muster gebaut wurden - und dies wird wohl auch noch lange so bleiben.
Im Vergleich zu den Anfangsjahren leben heute nur noch sehr wenige Menschen in den Häusern. Eines der Häuser
steht zum Verkauf, Interessenten fehlen aber. Den heutigen Wünschen entsprechen die alten, teilweise
renovierungsbedürftigen Häuser nicht, mit ihren großen Grundstücken, weit entfernt von
Geschäften, Gastronomie und Unterhaltungsmöglichkeiten. Einzig der relativ nahe Bahnhof Littfeld
(übrigens auch auf holdinghauser Grund erbaut) kann als positiver Standortfaktor erwähnt werden.
Das Schlusswort des Artikels in der SZ von 1953, das noch auf die Hoffnung auf Rückkehr in die alte Heimat zielte,
ist von der Geschichte begraben worden. Die erste Siedlergeneration liegt längst in siegerländer Erde begraben,
und für die heutigen Bewohner liegt die Heimat in Burgholdinghausen und nicht im weit entfernten Pommern, Posen oder
Schlesien. Grenzen verschwimmen, und aus der Bauernsiedlung ist ein Teil des nördlichen Siegerlandes geworden,
der für viele schon immer die Straße auf dem Weg zum Altenberg säumte.
Wenn heute ein Schlusswort Sinn macht, dann nur der Wunsch, dass die Gebäude noch lange bestehen bleiben und
immer von Menschen bewohnt werden, die die idyllische Lage und den weiten Blick ins Littfetal zu schätzen wissen.